Historisch bedeutsam und bald klimagerecht saniert
Denkmalgeschütztes Fachwerkhaus wird zum Energiesparhaus
Für manche Projekte braucht es einen langen Atem. Und engagierte Menschen, die sie mit Hingabe und Enthusiasmus vorantreiben. Genau solche Menschen sind Stefanie von Heeren und Torsten Schwarz. Die Architektin und der Projektplaner haben sich dazu entschlossen, ein Haus in Hannovers Calenberger Neustadt zu kaufen. Doch nicht nur das: Sie haben sich auch vorgenommen, daraus ein hocheffizientes Energiesparhaus zu machen.
An sich ist das nichts Ungewöhnliches, gäbe es da nicht eine Besonderheit: Das schmale Haus in der Mittelstraße 9, das mit drei Teilen – Vorderhaus, Mittelhaus und Hinterhaus – eine Gesamtheit bildet, ist eins der rund 30 alten Fachwerkhäuser, die in Hannover die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs überstanden haben. Als Einzeldenkmal, Baujahr 1680, steht es mit allen Teilen unter Denkmalschutz.
“Genau das hat uns daran fasziniert”, erzählt Torsten Schwarz. “Wir wollen zeigen, dass es gelingen kann, auch ein altes Haus unter Wahrung aller Anforderungen des Denkmalschutzes als modernes Bürogebäude ins Jahr 2024 zu überführen.” Torsten Schwarz war auf das historische Gebäude aufmerksam geworden. Der erste Versuch, es zu erwerben, scheiterte, aber der engagierte Mann blieb dran. 2016 kam er schließlich zum Zug.
Stefanie von Heeren, mit der er schon viele Jahre in einer Bürogemeinschaft sitzt, war als Mitstreiterin schnell gefunden, außerdem weitere fünf Menschen, die Kapital in das spannende Sanierungsprojekt investieren wollten. Sie gründeten die Altstadtwohnen Mittelstraße KG, begannen zusammen mit den Architekten ksw architekten + stadtplaner aus Hannover mit den Planungen zu Sanierung und Umbau zum Effizienzhaus 55 – von Vornherein in engster Abstimmung mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde. Ein wichtiges Detail, denn: Wer von steuerlichen Vergünstigungen in diesem Zusammenhang profitieren möchte, muss vor Maßnahmenbeginn für alle Maßnahmen eine denkmalrechtliche Genehmigung haben.
Eine detaillierte Bestandsaufnahme und Befunderhebung ergaben, dass das Häuserensemble nur von innen gedämmt werden kann. Als “Knackpunkt” stellte sich die Klima- und Ressourcen schonende Beheizung der Gebäude heraus. “Es kam aufgrund der Gegebenheiten eigentlich nur eine Gasheizung infrage, das war richtig schlimm für uns”, erinnert sich Stefanie von Heeren, deren inhaltlicher Arbeitsschwerpunkt beim Thema Energie liegt.
Doch dann spielte ein anderer Umstand dem Projektteam diesbezüglich in die Karten: Die Fundamente des Hinterhauses waren so marode, dass es abgetragen werden musste. “Dadurch entstand Platz, den wir vorher nicht hatten. Wir konnten also das Thema Geothermie in Angriff nehmen”, sagt Torsten Schwarz. An drei Stellen ging es rund 130 Meter in die Tiefe, von dort wird künftig die Erdwärmepumpe gespeist. Hinzu kommt eine leistungsfähige Photovoltaikanlage auf dem Dach des neu aufgebauten Hinterhauses, für gutes Klima in den Räumen sorgen künftig Lehmputz und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.
Obwohl das Vier-Millionen-Euro-Projekt, wie Stefanie von Heeren lachend feststellt, “alles mitgenommen hat: die Corona-Pandemie, drastische Preissteigerungen, Lieferengpässe, Fachkräftemangel”, befindet es sich inzwischen auf der Zielgeraden: Engagierte Fachfirmen aus der Region bringen es täglich in filigraner Handarbeit voran, im Jahr 2025 möchte die Altstadtwohnen Mittelstraße KG ihre Mieter im denkmalgeschützten Neubau begrüßen.
proKlima – Der enercity-Fonds fördert das Sanierungsvorhaben ebenso wie die Region Hannover (im Rahmen der „Leuchtturmrichtlinie”), die Landeshauptstadt Hannover und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschussen die anspruchsvollen Energieeffizienz-Maßnahmen.
Wussten Sie...
... dass es in Stadt und Region Hannover circa 10.000 Gebäude gibt, die unter Denkmalschutz stehen?
... dass in ganz Niedersachsen zwei bis drei Prozent aller Wohngebäude denkmalgeschützt sind?