24.01.2022 Hannover, Akteure & Partner, Kraft-Wärme-Kopplung

Landeshauptstadt stellt geplante Fernwärmesatzung vor

Ziel ist der schnelle Ersatz fossiler Heizsysteme

Die Wärmewende in Hannover hängt maßgeblich vom Ausbau innovativer Wärmelösungen ab, dazu zählt insbesondere klimafreundliche Fernwärme. Daher plant die Landeshauptstadt Hannover den Erlass einer Fernwärmesatzung. Sie beinhaltet für bestimmte Stadtgebiete eine Nutzungspflicht von Fernwärme für das Heizen, für die Aufbereitung von Warmwasser sowie für die Prozesswärme von Betrieben. Die Einführung der Satzung soll den Ersatz von Heizsystemen mit fossilen Brennstoffen durch den Ausbau der klimafreundlichen Fernwärme beschleunigen. Insgesamt sollen neun Stadtbezirke von der Verdichtung des Wärmenetzes durch Energiedienstleister enercity profitieren.

Oberbürgermeister Belit Onay begrüßt die geplante Fernwärmesatzung: „In Hannover dominieren noch Gasheizungen die Versorgung, vielfach wird auch noch Öl als Brennstoff genutzt. Der Wechsel zur umweltfreundlichen Fernwärme bedeutet einen großen Beitrag zu mehr Klimaschutz. Mit der Satzung machen wir einen wichtigen Schritt in Richtung ‚klimaneutrales Hannover 2035‘.“ Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel unterstreicht: „Die Stadt stellt sich der Herausforderung, den notwendigen Fernwärmeausbau mit einer Satzung lenkend und vorausschauend zu gestalten.“

Dr. Susanna Zapreva, Vorstandsvorsitzende der enercity AG, sagt: „Im Wärmesektor fallen rund ein Drittel aller energiebedingten Kohlendioxidemissionen in Deutschland an. Deshalb ist es wichtig, dass die Wärmewende als Teil der Energiewende vorankommt. Hannover setzt mit diesem Schritt der Umstellung der Wärmeversorgung auf Erneuerbare einen neuen Maßstab für die gesamte Bundesrepublik. Ich freue mich, dass wir bei enercity einen Beitrag dazu leisten können.“

Im Rahmen der „Vereinbarung für eine Wärmewende in Hannover“ hatten sich im vergangenen Juli die Landeshauptstadt Hannover und enercity zu einem beschleunigten Fernwärmeausbau verpflichtet. Der Landeshauptstadt fällt dabei die Aufgabe zu, eine Fernwärmesatzung zu erlassen, während enercity das Wärmenetz verdichtet, Anschlüsse herstellt und zunehmend erneuerbare Wärmequellen einsetzt.

Der Fernwärmeausbau ist in Quartieren mit dichter Bebauung geplant. Die Gebiete haben die Stadtverwaltung und enercity nach festgelegten Kriterien ausgewählt. Eine hohe Wärmeabnahme, die Nähe zum Fernwärmenetz sowie die Siedlungsstruktur sind dabei entscheidend. Ziel ist es, mit den verfügbaren Mitteln möglichst vielen Bewohner*innen und Betrieben eine Versorgung mit Fernwärme zu ermöglichen. Die ausgewählten Quartiere befinden sich in den Stadtbezirken Mitte, Vahrenwald-List, Bothfeld-Vahrenheide, Buchholz-Kleefeld, Misburg-Anderten, Südstadt-Bult, Linden-Limmer, Herrenhausen-Stöcken sowie Nord.

Im Satzungsgebiet gelten Anschluss- und Benutzungsrechte sowie Pflichten zum Anschluss und zur Nutzung der Fernwärmeversorgung. Durch den Wechsel zur grünen Fernwärme sollen die fossilen Energieträger Heizöl und Erdgas schrittweise abgelöst werden. Bestehende, beauftragte und genehmigte Heizungen sind mit Antragstellung bei der Landeshauptstadt Hannover zunächst befreit. Der Anschluss- und Benutzungszwang greift erst bei wesentlichen Änderungen der Anlagen, beispielsweise wenn der Kessel erneuert werden muss. Darüber hinaus sollen ökologisch gleichwertige Systeme, kleine Wärmeleistungen, Abwärmenutzung sowie unzumutbare Härte als mögliche Befreiungsgründe anerkannt werden.

Die vorgeschlagene Fernwärmesatzung geht jetzt zur Beratung in die betroffenen Stadtbezirke und zuständigen Ratsausschüsse. Ein Beschluss des Rates der Landeshauptstadt Hannover wird bis zum Sommer dieses Jahres erwartet. Die Satzung könnte dann nach einer Übergangsphase Anfang 2023 in Kraft treten.

Hintergrund Fernwärme:

Der Ausbau und die sogenannte Dekarbonisierung der Fernwärme tragen entscheidend dazu bei, städtische Ballungsgebiete und Betriebe mit hoher Wärmeabnahme künftig klimaneutral und langfristig sozialverträglich zu versorgen. Unter Dekarbonisierung wird der Verzicht auf Energieprozesse verstanden, bei denen Kohlendioxid freigesetzt wird.

In Hannover hat die Fernwärme bei der Wärmeversorgung derzeit einen Anteil von etwa 23,5 Prozent. Davon werden aktuell mehr als 90 Prozent durch Kraft-Wärme-Kopplung und die Abwärme der Müllverbrennungsanlage Lahe erzeugt. Kraft-Wärme-Kopplung ist die gleichzeitige Gewinnung von mechanischer Energie und nutzbarer Wärme, die in einem Prozess entstehen. Seit Jahren steigert enercity schrittweise den Anteil von „Erneuerbaren“. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die Wärmeerzeugung möglichst bis 2026, allerspätestens bis 2030 zu 75 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu produzieren.

Die räumliche Trennung von Wärmeverbrauch und Erzeugung hat weitere Vorteile: In dichten Wohngebieten fehlen häufig geeignete Standorte und Räumlichkeiten für erneuerbare Anlagen. Der Transport von klimafreundlicher Wärme über ein Fernwärmenetz hat den Vorzug, dass am Ort des Verbrauchs kein Platzbedarf für Erzeugungsanlagen entsteht und keine Emissionen wie zum Beispiel Lärm oder Feinstaub auftreten. Auch weiter entfernte Wärmequellen – etwa industrielle Abwärme – können so nutzbar gemacht werden.

Weiterer Vorteil ist, dass Fernwärmeerzeugungsanlagen unterschiedlicher Technologien die Möglichkeit der optimalen Systemsteuerung bieten: Wenn zukünftig große Anteile erneuerbaren Stroms im Stromnetz vorhanden sind, können etwa vorrangig Großwärmepumpen betrieben oder überschüssiger erneuerbarer Strom kann zur Aufheizung eines Stromspeichers verwendet werden (über eine sogenannte „Power to Heat“-Anlage). Ist wenig Wind- und Solarstrom verfügbar, lässt sich die Fernwärme auf Basis von Biomasse und Abwärme bereitstellen. Die immer stärkere Verbindung von Strom- und Wärmeversorgung, aber auch industrieller Prozesse wird „Sektorenkopplung“ genannt und ist essenziell, um die Herausforderungen der Klimaneutralität effizient zu lösen und in Zukunftschancen umzuwandeln.

Ratsunterlagen sind im Internet unter www.ratsinfo-hannover.de zu finden. Die im vergangenen Juli beschlossene Drucksache „Vereinbarung für eine Wärmewende in Hannover“ trägt die Nummer 1326/2021 N1 (https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/1326-2021N1). Die aktuelle Vorlage zur Fernwärmesatzung hat die Nummer 0081/2022. Weitere Zahlen, Daten, Fakten zur Fernwärme bietet enercity auf folgender Webseite an: www.enercity.de/magazin/unsere-welt/nachhaltigkeit-fernwaerme.

Schliessen