22.03.2022 Regionsweit

Wenn die Forsythie früher blüht

Was der Klimawandel mit Fauna und Flora macht. Frühlingsbeginn im Kalender – die biologische Uhr ist außer Takt.

Region Hannover. „Es sind nicht nur die großen Katastrophen, durch die sich der Klimawandel bemerkbar macht: Viele Prozesse verlaufen überwiegend schleichend, aber kontinuierlich. Einige Veränderungen sind deshalb nicht so leicht auszumachen. Auch wenn wir uns heute über den kalendarischen Frühlingsanfang freuen – die Natur wie wir sie kennen unterliegt dem Wandel“, so Christine Karasch, Umweltdezernentin der Region Hannover. Auch für Sonja Papenfuß, Leiterin des Fachbereichs Umwelt, ist klar: „Die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung hat erheblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen und Nahrungsgefüge einzelner Arten auch bei uns in der Region Hannover.“

Frühling beginnt immer früher

Als Vorboten des Frühjahrs gelten Haselsträucher. Wenn sie anfangen zu blühen, dann markieren sie das Ende des Winters. In Niedersachsen tritt dies immer früher ein: „In den letzten fünfzig Jahren hat sich der Winter um mehr als zwei Wochen verkürzt. Der Vorfrühling mit der Haselblüte ist rund 16 Tage in den Februar vorgerückt. Auch die nachfolgenden Forsythien blühen heute rund elf Tage früher als in den 1960er oder 1970er Jahren“, so Papenfuß.

Für Pflanzen birgt der frühe Frühling ein Risiko: Tagsüber mag es zwar schon wärmer sein, aber die Gefahr von Spätfrost bleibt nach wie vor bestehen. Dadurch werden weit entwickelte Knospen und Blüten vernichtet. Das betrifft die freie Natur ebenso wie private Gärten. In Kulturpflanzungen der Landwirtschaft und auf Obstplantagen steigt der Frostschutzaufwand oder es kann sogar zu großen wirtschaftlichen Schäden kommen.

Die biologische Uhr gerät aus dem Takt

Im Laufe der Evolution haben sich Pflanzen und Tierarten aufeinander eingespielt. Doch die seit Ewigkeiten gleichtaktigen Uhren und Nahrungsketten geraten durch die Klimaerwärmung aus den Rhythmus. Oftmals blühen Pflanzen, bevor die bestäubenden Insekten bereit sind. Vogelarten, die auf solche Insekten angewiesen sind, brüten jedoch noch nicht so früh oder kommen gerade erst aus ihren Winterquartieren zurück. „Es sind nicht nur die spektakulären Arten, wie Eisbären auf schwindenden Eisschollen, die unter dem Klimawandel leiden. Auch heimische Vögel, Pflanzen oder Insekten bekommen die Veränderungen zu spüren“, so Sonja Papenfuß. 

Förderprogramm „Klimafolgenanpassung“ der Region Hannover

Mit den Mitteln nach der Richtlinie ‚Kommunale Klimafolgenanpassung‘ und Programmen zur Erhaltung der Artenvielfalt unterstützt die Region Hannover sowohl Planungen als auch die Umsetzung von konkreten Projekten. „Wir wollen als Region bis zum Jahr 2035 unsere Klimaschutzziele erreichen. Dabei gilt es nicht nur, durch Klimaschutzmaßnahmen dem Klimawandel entgegenzuwirken, sondern auch, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Beide Ansätze sind wichtig“, so Christine Karasch.

Stichwort: Phänologie
Das Aufblühen von Pflanzen, die Fruchtreife, der Rückkehr von Zugvögeln oder der Brutbeginn, all das sind periodisch auftretende Erscheinungen in der Natur. Die Phänologie ist der Fachausdruck für diese „Lehre von den natürlichen Erscheinungen“. Oftmals werden solche Ereignisse schon seit Jahrhunderten protokolliert. Besonders gute Hinweise geben Pflanzen. Als sogenannte Bioindikatoren lassen sie Rückschlüsse auf Veränderungen von Klima- und anderen Umweltbedingungen wie Luftschadstoffe zu. In Deutschland zeigt sich eine phänologische Verschiebung der Jahreszeiten. Sie dauern heute zum Teil länger an. Lediglich Spätherbst und Wintereintritt sind im Laufe der Beobachtungen weitgehend stabil. Doch der Winter fällt deutlich kürzer aus.

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