PV-Pflicht in Niedersachsen: Neuerungen ab 1. Januar 2025

Für wen gilt die Solarpflicht?

Zum 1. Januar 2025 wurde die Pflicht zur Installation von Solarenergieanlagen zur Stromerzeugung (Fachbegriff für Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen)) - Photovoltaik-Pflicht (PV-Pflicht) - in Niedersachsen auch auf bestehende Gebäude ausgeweitet. Sie gilt nun nicht mehr nur für Neubauten, sondern auch bei Dachsanierungen und Änderungen an der Dachfläche. Es wird jetzt einheitlich von „Gebäuden“ im Sinne der NBauO gesprochen (gilt also unter anderem auch für Wohngebäude und mehrheitlich gewerblich genutzte Gebäude). Entscheidend ist dabei, dass die neu errichtete, erneuerte oder geänderte Dachfläche mindestens 50 Quadratmeter groß ist. 

Eine Änderung an einem bestehenden Gebäude liegt vor, wenn: 

  • das Gebäude aufgestockt wird, 

  • ans Gebäude angebaut wird oder 

  • die Dachhaut bis zur wasserführenden Schicht erneuert wird. 

Die Dachhaut gilt als erneuert, wenn das Dach grundlegend saniert wird und in diesem Zusammenhang die Abdichtung oder Dacheindeckung vollständig aus- und eingebaut wird. Es sollte auch gelten, wenn Materialien wieder verwendet werden (zum Beispiel die Erneuerung der Dachabdichtung und Wärmedämmung und dabei Wiederverwendung von Dachziegeln). 

Welcher Zeitpunkt ist für das Eintreten der PV-Pflicht relevant? 

Die PV-Pflicht tritt bei jedem Bauvorhaben mit Baubeginn ein und nicht zum Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags. 

Ab welcher Größe der Dachfläche gilt die PV-Pflicht? 

Um möglichst alle Dachflächen verbunden mit einer wirtschaftlichen Größe der Solarenergieanlagen zu nutzen, wurde eine Mindestgröße der Dachfläche von 50 Quadratmetern festgelegt. Zudem wird eine Leistung ab 3 bis 5 Kilowatt-Peak (kWp) als grundsätzlich optimal und wirtschaftlich angesehen. Dabei ist die gesamte Dachfläche (Dacheindeckung - Giebel-Giebel/Traufe-First) und nicht die Grundfläche des Gebäudes anzusetzen. Größere Dachüberstände wären hinsichtlich Eignung und Optimierung zu prüfen. Für weitere zur Baumaßnahme gehörende Gebäude wie zum Beispiel Nebengebäude oder Carports gilt ebenfalls die Mindestgröße von 50 Quadratmetern, für die die PV-Pflicht zu erfüllen wäre. 

In welchem Umfang ist die Dachfläche mit PV auszustatten? 

Um aufwändige Berechnungen zu geeigneten Dachflächen zu vermeiden, wurde vereinfachend festgelegt, dass mindestens 50 Prozent der Dachfläche mit PV-Modulen zu belegen ist. Bei der Belegung von mindestens 50 Prozent ist bereits berücksichtigt, dass Randbereiche, Bereiche für technische Gebäudeausstattung, Abstandsflächen, Bereiche für Belichtung oder Laufwege und Flächen mit ungünstiger Himmelsausrichtung (Nord, Nordnordost, Nordnordwest) gegebenenfalls für die Anbringung von PV-Modulen nicht geeignet sind.  

Gibt es Ausnahmen?

Die PV-Pflicht entfällt, wenn die Erfüllung im Einzelfall  

  • anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht, 

Was können andere öffentlich-rechtliche Pflichten sein? 
Andere öffentliche-rechtliche Pflichten sind zum Beispiel Vorgaben aus dem europäischen Recht oder dem Bundesrecht, die vorrangig zum Landesrecht gelten. Das sind zum Beispiel Festsetzungen in Bebauungsplänen, Regelungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), Pflichten zur Dachbegrünung oder denkmalschutzrechtliche Belange. Bei einer Pflicht zur Dachbegrünung muss die kombinierte Nutzung PV-Anlage und Dachbegrünung geprüft werden. Nur weil eine Pflicht zur Dachbegrünung besteht, entfällt die PV-Pflicht nicht pauschal.

  • technisch unmöglich ist,

Was bedeutet „technisch unmöglich”? 
Grundsätzlich gilt: Ein neu zu errichtendes Gebäude beziehungsweise die Dachflächen sollten so geplant werden, dass es möglich ist, eine Solarenergieanlage zu installieren.  
Eine technische Umsetzung ist zum Beispiel nicht möglich bei   

- nicht geeigneten oder unebenen Dachflächen (zum Beispiel aus Reet, Glas, Holz),   
- Dachflächen mit Dachaufbauten und technischer Gebäudeausrüstung einschließlich Wegeführung und Randabständen, die für die Nutzung des Gebäudes zwingend auf dem Dach erforderlich sind. 

Bei Bestandsgebäuden gibt es folgende Ausschlussgründe: 
- die Tragkonstruktion des Daches oder des Gebäudes hat keine ausreichenden Lastreserven, 
- die Anschlussmöglichkeiten sind nicht standsicher, 
- es gibt keine ebenen Dachflächen 
- oder es sind zu viele kleine Teildachflächen vorhanden, um zusätzlich eine Solarenergieanlage zu installieren.  

Bestandsgebäude mit überwiegender Nord-, Nordwest-, Nordostausrichtung oder Verschattung des Daches können ebenfalls unter diesen Ausnahmetatbestand fallen.  

Einzelfall: Auch falls es keine Möglichkeit der Einspeisung des Stroms ins Netz gibt (zum Beispiel, weil keine Infrastruktur vorhanden ist oder eine Netzunverträglichkeit vorliegt), wäre die Installation einer Solarenergieanlage als technisch nicht möglich einzustufen. Dies gilt aber nur, wenn die Netzinfrastruktur nicht zeitnah nach Beginn oder Fertigstellung der Baumaßnahme zur Verfügung steht. Der Zeitraum zwischen Planung, Durchführung und Fertigstellung der Baumaßnahme kann zur Schaffung von Netzinfrastruktur durchaus ausreichend sein. Eine PV-Anlage könnte dann auch zu einem etwas späteren Zeitpunkt angeschlossen werden.  

  • wirtschaftlich nicht vertretbar ist oder, 

Was bedeutet „wirtschaftlich nicht vertretbar”? 
Für PV-Anlagen wird eine Nutzungsdauer von mindestens 20 Jahren angenommen. In Anlehnung an die Definition zur Wirtschaftlichkeit aus § 5 GEG wird es als wirtschaftlich angesehen, wenn innerhalb dieser Nutzungsdauer eintretende Einsparungen erwirtschaftet werden (wirtschaftliche Amortisation). Das ist der Fall, wenn die Erträge durch Einspeisevergütung oder eingesparten, selbst verbrauchten Strom die Ausgaben für Anschaffung und Betrieb der PV-Anlage übersteigen. 
Nicht wirtschaftlich ist eine in Bezug auf Größe, Ausrichtung, Verschattung und Neigung optimiert konzipierte PV-Anlage auf dem Gebäude, wenn 
- sie sich nicht innerhalb von 20 Jahren amortisiert oder  
- das Gebäude eine Nutzungsdauer von weniger als 20 Jahren hat. 

Zu einer Unwirtschaftlichkeit kann es führen, wenn  
- das Gebäude in einem Gebiet mit geringem Solareintrag (siehe Solarkataster Region Hannover) oder größerer Verschattung liegt oder  
- das Bauvorhaben, insbesondere im Bestand, durch die PV-Pflicht insgesamt nicht mehr wirtschaftlich durchführbar ist. 

Geeignete Dachflächen können zur Installation und Nutzung von PV-Anlagen auch an Dritte verpachtet werden, insbesondere wenn Eigentümer:innen keine Kredite mehr erhalten.  

  • auf der Dachfläche Solaranlagen zur Erzeugung thermischer Energie (Solarthermie) errichtet werden soll oder worden sind. 

Was ist, wenn eine Solarthermieanlage bereits auf dem Dach installiert wurde oder installiert werden soll? 
Die Regelungen aus dem GEG haben Vorrang gegenüber den Regelungen der NBauO. Das bedeutet zum Beispiel: Laut § 71 GEG besteht die Pflicht zur Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien bei neu eingebauten Heizungen. Wird diese Pflicht durch eine Solarthermieanlage erfüllt, kann die durch diese Anlage belegte Fläche aus der zur Verfügung stehenden Fläche (größer als 50 Quadratmeter) und der Mindestbelegung der Dachfläche herausgerechnet werden. 

Trifft einer dieser Ausnahmetatbestände zu, so muss die Dachfläche auch mit weniger als 50 Prozent der Fläche ausgestattet werden. 

Welche Fördermittel kann ich in Anspruch nehmen? 

  1. Die Dach-Solar-Richtlinie der Region Hannover fördert die Dämmung des Daches oder der obersten Geschossdecke im Zusammenhang mit einer Solaranlage (PV oder Solarthermie). Förderungen können noch bis 30. September 2025 in Anspruch genommen werden.  
  2. Über das Bundesministerium für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sind unter anderem die Dämmung des Daches oder der obersten Geschossdecke als sogenannte Einzelmaßnahmen förderfähig.  
  3. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sind Maßnahmen rund um eine neue Heizung mit erneuerbaren Energien förderfähig. Photovoltaikanlagen erhalten auf Bundesebene keine gesonderte Förderung.  
  4. Die Umsatzsteuer auf PV-Anlagen und notwendige Komponenten, auch Batteriespeicher, fällt weiterhin weg.  
  5. Für nicht selbst verbrauchten Strom gibt es eine Einspeisevergütung. Der enercity-Fonds proKlima stellt zusätzliche Förderungen für Solarthemie- und PV-Anlagen bereit.  

Auch lokale Förderungen in diesem Bereich sind vorhanden. Eine aktuelle Übersicht finden Sie in unserem Fördermittelkompass.

Angebote zur Information und Unterstützung  

Unser Tipp: Informieren Sie sich frühzeitig und nutzen Sie die verfügbaren Beratungs- und Unterstützungsangebote, um die Anforderungen zu erfüllen und von den Vorteilen der Solarenergie zu profitieren. 

  • Lassen Sie bei einem Neubau die Dachflächen möglichst so planen, dass diese für Solarenergienutzung geeignet sind. Dazu steht in der NBauO ein Optimierungsgebot. Dachflächen sollten also möglichst optimal für die Solarenergienutzung geplant werden. 

  • Solarkataster Region Hannover: Mithilfe dieses Online-Tools können Sie sich eine Übersicht darüber verschaffen, ob die Dachflächen bei Ihrem Bestandsgebäude für die Installation von PV- und Solarthermie-Anlagen geeignet sind. Es zeigt, wie viel Strom auf einer bestimmten Dachfläche erzeugt werden kann und welche Kosten und Erträge zu erwarten sind (Dachfläche anklicken, Ertragsrechner wählen).  

  • Nehmen Sie eine unabhängige und neutrale Erstberatung in Anspruch. In der Region Hannover gibt es verschiedene Angebote, die Sie in unserem Fördermittelkompass finden.  

  • Lassen Sie eine Berechnung zur Wirtschaftlich- und Machbarkeit einer Solaranlage von einer sachkundigen Person durchführen. Als sachkundig gelten: 

  • ausführende Unternehmen, die in der Regel eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit einem Angebot zusammen abgeben,  

  • entsprechend qualifizierte und zertifizierte Fachpersonen, zum Beispiel Energieberater:innen.  

  • Nutzen Sie Fördermittel, insbesondere auch bei einer Dachsanierung, wie die Dach-Solar-Richtlinie der Region Hannover oder Fördermittel vom enercity-Fonds proKlima. Viele weitere Fördermittel finden Sie in unserem Fördermittelkompass

 

References 

[1] Niedersächsische Bauordnung (NBauO, Fassung ab 01. Juli 2024) 

[2] FAQ-Katalog NBauO (Stand 12. September 2024) 

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