Nachbericht 5. HAZ-Klimatalk: „Ein denkmalgeschütztes Haus energetisch sanieren – das geht?”
Ein denkmalgeschütztes Haus energetisch sanieren – das geht? Um dieses Thema drehte es sich im fünften Klimatalk von HAZ und Klimaschutzagentur Region Hannover. Rund 80 Teilnehmende sind in den Großen Saal der VHS Hannover gekommen und folgten dem Austausch zwischen Fachleuten und Denkmaleigentümer:innen. Moderiert hat HAZ-Redakteur Jan Egge Sedelies.
Zum Einstieg ins Thema wollte HAZ-Redakteur Jan Egge Sedelies von Dr. Manfred Kohler, Untere Denkmalschutzbehörde/Bau- und Kunstdenkmalpflege der Region Hannover, wissen, wie viele denkmalgeschützte Gebäude es in der Region Hannover gebe. „Wir sprechen in aller Regel von etwa 10.000 Baudenkmalen im gesamten Regionsgebiet. Davon sind etwa 5.000 in der Stadt Hannover und 5.000 im übrigen Umland.” Dies sei ein bunter Mix aus unterschiedlichen Gebäuden: Schlösser wie das Schloss Herrenhausen und Schloss Marienburg seien ebenso dabei wie alte Fachwerkhäuser, Backsteinhäuser aus der Zeit um 1900, Siedlungsbauten der 1920er, 1930er Jahre und einige Nachkriegsdenkmalen. Dr. Kohler erläuterte: „Unter den Schutz des Denkmalschutzgesetzes fallen Gebäude entweder, weil sie von historischer oder künstlerischer Bedeutung sind, oder wenn sie eine städtebauliche Funktion erfüllen, also ein Straßenbild oder ein Ortsbild prägen.” In diesem Falle gebe es ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung. Dennoch sei es möglich, sie energetisch zu sanieren: „Ich sage immer: Es sind Einzelpatienten und man muss sozusagen die Diagnose auf das jeweilige Objekt abstellen und daraus mögliche Lösungswege ableiten.” Einen Vorzeichenwechsel in Bezug auf die energetische Sanierung habe es im Juli 2022 gegeben, als die Novellierung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes in Kraft getreten ist. Seither hat der Einsatz erneuerbarer Energien in der Regel Vorrang vor dem unveränderten Erhalten eines Denkmals.
Bauingenieur Volker Wehmeyer, Inhaber des Ingenieurbüro Wehmeyer PartGmbB in Bückeburg, bestätigte die Ansicht von Dr. Kohler, dass man für jedes alte Haus eine Einzellösung finden müsse. „Man kann ein Haus auch zonieren: Man muss nicht, wie das heute bei den moderneren Bauten ja üblich ist, 150 Quadratmeter Einfamilienhaus vom ersten bis zum letzten Raum alle auf 22 Grad heizen.” Er orientiere sich bei seiner Planung zum Beispiel an einem alten Bauernhaus, bei dem in der Mitte des Hauses die Diele war und rechts und links die alten Stallungen. „Da bauen wir häufig in die alten Stallungen seitlich Nebenräume ein, wie Hauswirtschaftsraum, Gäste-WC, irgendwelche Abstellräume oder ähnliches. Die ich mit 15, 16 Grad heizen kann, ohne dass es ein Problem darstellt. Und habe praktisch einen richtigen Wärmepuffer aus der Mitte heraus bis dorthin.”
Von ihren ganz konkreten Erfahrungen bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses in der Calenberger Neustadt von Hannover konnte Architektin, Energieberaterin und Nachhaltigkeitsexpertin Stefanie von Heeren vom Büro H2A berichten. „Wir haben uns als Eigentümergemeinschaft sehr früh mit Architekten zusammengesetzt.” Aus ihrer Sicht sei es das Allerwichtigste, dass man sich von Anfang an kompetente Partner:innen an die Seite hole, die Erfahrung im Denkmalschutz haben. „Wir haben auch sehr früh die Denkmalpflege eingebunden und alles abgestimmt.” Wichtig sei es für sie gewesen, dass künftig keine fossile Wärmeerzeugung mehr zum Einsatz kommen müsse. Ein regelrechter Glücksfall sei es da gewesen, dass das Hinterhaus des Gebäudes komplett abgetragen werden musste. Dadurch konnten drei Tiefensonden 130 Meter in die Tiefe gebohrt werden. Jetzt könne eine Wärmepumpe installiert werden, die das Gebäude mit Wärme aus der Erde versorgen werde. Auf dem großen Dach des neu aufgebauten Hinterhauses findet die Photovoltaikanlage Platz.
Moderator Jan Egge Sedelies fragte nach der Förderung für derartige Lösungen. Der erste Baustein sei da die steuerliche Abschreibung aufgrund der Denkmalförderung, wusste von Heeren. Außerdem seien auch Denkmale grundsätzlich förderfähig im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude, es gebe zudem KfW-Mittel und Programme vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). ProKlima - Der enercity-Fonds könne in Stadt und Region Hannover ein guter Ansprechpartner sein. „Wir haben von der Region Hannover eine Leuchtturmförderung bekommen.”
Die Architektin bestätigte, dass die umfangreiche Sanierung viel Geld koste, aber: „Wir sind überzeugt davon, dass eine energetische Sanierung einen Mehrwert darstellt, der sich irgendwann rechnet.” Aber am Ende dürfe man so etwas nicht durch eine Investmentbrille betrachten, sondern müsse den gesamten Lebenszyklus sehen.
Volker Wehmeyer fügte hinzu, dass es auch Förderungen im Rahmen von Stadtsanierungen geben könne, wie zum Beispiel in Stadthagen. Man habe aber in allen Bereichen immer wieder mit vielen Änderungen zu kämpfen. Auf die Frage, wie viel Zeit man für ein Sanierungsvorhaben einplanen sollte, antwortete er: „Mit den Anforderungen und mit den Behörden, die wir heute haben, brauchen wir circa ein Dreivierteljahr, wenn alles vernünftig läuft. Also einschließlich der Förderung, auf die man dann ja wartet.” Die eigentliche Bauzeit könne heutzutage aber manchmal sogar zwei Jahre betragen.
Den Ausführungen folgte Uwe Sebastian, Eigentümer des denkmalgeschützten Torhauses des Von-Alten-Gartens in Linden, sehr aufmerksam. Er berichtete, dass er in den vergangenen Jahren schon die eine oder andere Kleinigkeit am Haus energetisch verbessert habe. „Wir haben zum Beispiel die einfachen Fenster durch Fenster mit Doppelverglasung ersetzen lassen über eine lokal ansässige Firma.” Er berichtete von schönen, großen Bäumen rund um das Haus. „Aber sie bringen natürlich für das Gebäude eine starke Belastung mit: Verschattung, Moosbefall, Flechtenbefall, Feuchtigkeit in vielen Bereichen, bis hin zu möglichen Erdabsenkungen, die nicht nur durch Grundwasser und durch Erdverdichtung und dergleichen entstanden sind.” Uwe Sebastian erzählte auch davon, dass er als Eigentümer eines Denkmals schon manches Mal abgewiesen wurde – wenn er zum Beispiel mit der Frage nach dem Anschluss ans Fernwärmenetz oder nach der Möglichkeit der Einbindung von Solarmodulen gefragt habe. Auf dem Podium hatten die Fachleute gute Tipps für ihn, wie er weiter vorgehen könne. Auch die vielen Fragen aus dem Publikum, in dem zahlreiche Eigentümer:innen von denkmalgeschützten Häusern saßen, beantworteten sie ausführlich.
Stefanie von Heeren mahnte zum Abschluss der Veranstaltung: „Wir müssen unbedingt weg davon, dass wir das, was uns gerade nicht taugt oder nicht frisch genug ist, abreißen und da was Neues hinstellen.” Denkmale seien diesbezüglich ja geschützt und deswegen nicht das Problem. Die ungeschützten Gebäude stellten aber auch Werte dar. „Und zwar nicht nur die 'graue Energie', sondern es gibt auch eine sogenannte 'goldene Energie'.” Die stellten eben auch emotionale Werte dar, städtebauliche Werte. „Wir wollen und müssen das Klima schonen und schützen. Wenn wir das nicht in den Griff kriegen, dann brauchen wir uns auch über die Denkmale keine Gedanken mehr machen.”
Der nächste HAZ-Klimatalk ist am 5. Dezember 2024 geplant. Mehr Infos und Termine auf www.klimaschutz-hannover.de.