16.06.2023 Unternehmen, Akteure & Partner, Regionsweit

Nachbericht 1. Klimatalk

Großes Interesse an der neuen Gesprächsreihe “Klimatalk” von HAZ und Klimaschutzagentur: Mehr als 200 Teilnehmende lockte zum Auftakt das Thema “Wie heizen wir künftig - Zukunftsmodell Wärmepumpe?” in den großen Saal der Volkshochschule Hannover.

Beim Talk gaben gleich drei Expert:innen Einblicke in die Praxis. Sie standen Moderator Jan Sedelies Rede und Antwort auf Fragen, die zum Teil zuvor per Mail gestellt worden waren. Ein klares Statement kam zu Beginn von Jens Clausen vom Borderstep Institut: “Wir müssen aufhören mit der Nutzung von Gas und Öl. Wir haben Klimakrise und es wird wärmer und trockener.” Er sei sicher, in zehn Jahren fließe nur noch Grüner Strom in den Netzen. Auch die Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Region Hannover Anja Floetenmeyer-Woltmann fand klare Worte: “Verbrennung ist over.” Das gelte für alle Sektoren, sowohl für die Energieerzeugung, den Verkehrs- und den Wärmebereich. Auch für Privatleute bedeute das: Es müsse sofort gehandelt werden, die Gas- oder Ölheizung gegen eine klimafreundlichere Alternative getauscht werden.

Heizungsinstallateurin Sabine Heymann, Mitglied im Vorstand des Fachverbandes Sanitär, Heizung, Klima, betonte, Investitionen in effiziente Wärmepumpen seien technisch gut, umweltfreundlich und zukunftssicher. Die Nachfrage sei bereits in den Jahren 2020-21 um 50 Prozent gestiegen, aktuell übersteige sie 100 Prozent deutlich. Der Beratungsbedarf sei enorm und eine große Herausforderung für das Handwerk, ebenso die Lieferengpässe vor allem bei größeren Geräten und Speichern. Bei Erdwärmepumpen seien derzeit die Genehmigungsverfahren noch extrem lang und bremsten die Technologie aus.

Jens Clausen verwies darauf, dass Deutschland wahrlich kein Vorreiter bei Wärmepumpen sei, die skandinavischen Länder hätten die Nase vorn. “Dänemark hat seit den 80er Jahren die Fernwärme massiv ausgebaut und ansonsten sind zwei von drei Heizungen Wärmepumpen,” so Clausen. In Schweden, Norwegen und Finnland nutze jeder 2. Haushalt die Wärmepumpe, bei zugegeben günstigen Strompreisen. Die konstant hohe Nachfrage habe Auswirkungen auf den Herstellerpreis: Luft-Luft-Wärmepumpen seien in Dänemark schon für 2.000 Euro zu haben. Das stimme ihn optimistisch für die Preisentwicklung auf dem deutschen Markt. Clausen ging auch näher auf die Technik ein, Wärmepumpe = thermodynamische Maschine , und erklärte in Kürze grob die technischen Systeme. Die Hauptfragen, mit denen auch das Handwerk konfrontiert wird, sind laut Heymann: Passt das zu meinem Haus und rechnet sich das? Insgesamt seien die Aufgabe und der Beratungsbedarf riesengroß.

Das spürt besonders auch die Klimaschutzagentur, die laut Floetenmeyer-Woltmann mit neuen, stark ausgeweiteten Beratungsangeboten unter dem Begriff “Mein Klimacoach” die enorm gestiegene Nachfrage bedienen kann. “Wir bieten eine kostenlose Fragen-Flatrate an, eine Beratung Schritt für Schritt, 25 Vorträge pro Monat, online oder in Präsenz, auch in Kleingruppen, für die man sich jederzeit auf klimaschutz-hannover.de anmelden kann,” so Floetenmeyer-Woltmann. Bei vertiefenden Beratungen arbeite man mit den Expert:innen des enercity-Fonds proKlima zusammen. Zudem gebe es in enger Zusammenarbeit mit jeder Regionskommune Planungen für jeweils fünf Veranstaltungen vor Ort, sogenannte Klimatreffs.

Clausen appellierte an das Publikum, unbedingt auch eine Solaranlage einzuplanen. Mit Speicher sei sie eine ideale Ergänzung und man habe kaum noch Stromkosten. Floetenmeyer formulierte es drastischer: “Wer noch keine Solaranlage auf dem Dach hat, wirft jeden Tag Geld zum Fenster raus”, so die Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur.

Zum Thema Finanzierung betonte Roman Calderon, Vertriebsdirektor Immobilien Center der Sparkasse Hannover, dass Kredite für Investitionen in Wärmepumpen oder Solar auch ältere Menschen nicht ausgeschlossen seien. Schließlich sei damit eine echte Wertsteigerung der Immobilie verbunden. Beim Verkauf werde immer stärker auch nach dem Energieverbrauch geschaut, versicherte Calderon. Wer ein Rundum-Sorglos-Paket wünscht, hat noch eine weitere Option: Mario Merner, Geschäftsbereichsleiter und Contracting-Experte bei enercity, stellte die Möglichkeit vor, eine komplette Solaranlage oder Wärmepumpe zu mieten. Der Preis sei nur geringfügig teurer als für eine Verbrennerheizung. Gängiges Modell: Der Kunde zahle 15 Jahre lang einen Mietpreis, danach gehe die Anlage in seinen Besitz über.

Auf die Publikumsfrage, ob man nicht besser darauf warten solle, was das neue Heizungsgesetz aus Berlin bringt, waren sich die Talkgäste dahingehend einig, dass eine Aussage dem Blick in die Glaskugel gleichkäme. Floetenmeyer-Woltmann wagte dennoch eine Einschätzung: Sie könne sich nicht vorstellen, dass alle und alles in demselben Ausmaß gefördert werde wie heute. Wenn eine Umrüstung erst einmal Pflicht sei, könne die Unterstützung im Einzelfall oft deutlich geringer ausfallen. Deshalb: Nicht länger warten, sich schnell informieren und dann loslegen.

Rege genutzt wurden dann auch im Anschluss die Beratungsmöglichkeiten beim “Markt der Möglichkeiten”. Für individuelle Fragen standen mehr als zehn Expertinnen und Experten zur Verfügung, von Firmen und Institutionen wie der Sparkasse Hannover, proKlima, enercity Contracting, Solvis, Vaillant, Viessmann sowie dem Handwerk und der Klimaschutzagentur.

 

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