29.08.2023 Hannover, Regionsweit
Mit guten Beispielen Mut machen und für Veränderungen begeistern

Nachbericht 2. Klimatalk am 15. August 2023

Was bringt Menschen dazu, beim Klimaschutz aktiv zu werden und zu handeln? Um diese Fragestellung drehte sich der 2. Klimatalk von HAZ und Klimaschutzagentur Region Hannover. Rund 120 Teilnehmende waren in den Großen Saal der Volkshochschule Hannover gekommen und folgten dem Austausch von drei Expert:innen.

v. l. n. r. Jan Sedelies, Anja Floetenmeyer-Woltmann, Carolin Friedemann, Heinrich Strößenreuther

Moderator Jan Sedelies von der HAZ fragte zu Beginn, wie sich das Interesse an Klimaschutzfragen aktuell entwickelt. Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Lobbyorganisation „Initiative Klimaneutrales Deutschland”, betonte, dass trotz aller sonstigen Herausforderungen der Umwelt- und Klimaschutz für die Menschen in Deutschland ein sehr relevantes Thema sei. Die Aufmerksamkeit der Medien spiegele das nicht immer wieder.

Talkgast Heinrich Strößenreuther, Umweltaktivist und Gründungsvorsitzender der Klimaunion innerhalb von CDU/CSU, sprach von einem EU-weit wachsenden Interesse an Klimaschutzfragen, das derzeit bei über 80 Prozent liege. Der durch die Gaskrise ausgelöste Preisdruck habe viel bewirkt. So habe die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr genauso viel produziert wie zuvor, aber mit 20 Prozent weniger Energieaufwand.

Anja Floetenmeyer-Woltmann, Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Region Hannover, berichtete von einer aktuell vorherrschenden Verunsicherung der Menschen. Diese führe zu einem erheblichen Rückgang der Beratungsanfragen im Vergleich zum Vorjahr. Waren damals alle Beratungsangebote und Veranstaltungen überbucht, gäbe es derzeit keine Wartezeiten. Im Angebot habe die Klimaschutzagentur auch eine Fragen-Flatrate, um so die Menschen an die Hand zu nehmen. Viele Menschen warteten derzeit jedoch auf klare Signale und Vorgaben aus Berlin. Diese seien nötig, um vom Krisen- in den Umsetzungsmodus zu kommen.

Und schnelles Handeln sei angesagt. Viele Studien in Bezug auf die Kosten und Folgen des Klimawandels seien zu optimistisch, so Friedemann. In welcher Gesellschaft wir künftig leben wollen, entscheide sich nämlich jetzt. Das Wetter sei chaotisch und unberechenbar geworden, das merkten alle. Hier hakte Floetenmeyer-Woltmann ein: Eine Studie des Landes Niedersachsen belege, dass unser Bundesland vom Klimawandel und Extremwetterlagen besonders stark betroffen sein wird: Das Flächenland mit langer Küstenlinie habe viel Land- und Forstwirtschaft und die brauche Wasser und zuverlässige Jahreszeiten sowie einen intakten Wasserkreislauf.

Auf die Frage, ob es an Wissen fehle, meinte Strößenreuther: Auf das allgemein bereits gute Bauchgefühl könne man durchaus noch Wissen aufsatteln. Vor allem der Wissensstand in der Politik, bei Entscheidern, sei für ihn oft erschreckend gering. Friedemann wiederum betonte, Bürgerinnen und Bürger könnten von Fakten auch erschlagen werden und sich in zu vielen Informationen verlieren. Es sei Aufgabe der Politik, sich von Expert:innen beraten zu lassen, gemeinsam Lösungen zu finden. Die Politik müsse Standards, Normen, Regeln und Gesetze auf den Weg bringen und für systematische Veränderungen werben. Floetenmeyer-Woltmann berichtete, die Klimaschutzagentur setze konkret bei der Vermittlung vor Ort auf „Storytelling”, also auf den Einsatz von Geschichten und Bildern, um Informationen zu vermitteln. Beste Beispiele aus dem regionalen Lebensumfeld und Aktionen wie die Verleihung einer „Grünen Hausnummer” für vorbildliche Neubauten und Sanierungen hätten sich als äußerst erfolgreich erwiesen. So könnten die Menschen ihre Selbstwirksamkeit entdecken und zum Handeln motiviert werden.

Strößenreuther betonte, wie wichtig eine chancenorientierte Kommunikation in leichter Sprache sei, um Ängste zu nehmen und Veränderungen herbeizuführen. Zukunftschancen und positive Gestaltungsperspektiven müssten aufgezeigt werden, damit jeder und jede erkennen kann, was er oder sie davon habe. Wer handelt, tue dies bekanntermaßen aus unterschiedlichen Beweggründen, ergänzte Friedemann. Manche möchten Verantwortung für nachfolgende Generationen übernehmen oder stellen den Umwelt- und Naturschutz voran und andere möchten Kosten sparen und den Wert ihrer Immobilie sichern.

Floetenmeyer-Woltmann zeigte sich erfreut, dass sich klare Veränderungen im Bereich Statussymbole abzeichnen: War es früher das dicke Auto in der Garage, so sei es nun die Solaranlage auf dem Dach. Stolz würde auf Gartenpartys heute die App mit dem aktuellen Solarertrag vorgeführt und über Wallbox oder Wärmepumpe diskutiert. Das führe immer häufiger zu einem Nachahmer-Effekt. Aus belächelten „Ökospinnern” seien nun anerkannte „Vorreiter” geworden. Dazu zählen für Floetenmeyer-Woltmann auch die Kommunen, die verstanden hätten, dass Klimaschutz Daseinsvorsorge sei. Sie würden nun mit energetischen Quartierskonzepten die Zukunft ihrer Städte und Gemeinden nachhaltig gestalten.

Anerkennend erklärte Strößenreuther, Energieminister Habeck habe Impulse gesetzt und sich getraut, uns etwas zuzumuten. Sein Appell zum Energiesparen habe gewirkt, alle hätten mitgemacht. Das Richtige zu tun, müsse populär werden. Dabei müsse nicht jeder und jede sofort mitmachen. Man könne voneinander lernen und die Menschen, die dem Thema gleichgültig gegenüberstünden, würden mit der Zeit folgen. Dann gäbe es Veränderung.

Friedemann äußerte den Wunsch, es sollten nicht nur die Grünen sein, die Tacheles redeten. Lernen müssten alle noch, politische Prozesse besser zu erklären. Sie forderte alle Teilnehmenden auf, aktiv zu werden und einer Partei beizutreten, um strukturelle Wandlungsprozesse anzuschieben. Insgesamt sei sie optimistisch nach dem Motto: Zweifele nie daran, dass eine Handvoll Leute die Welt verändern können.

Abschließend wurde vom Publikum angeregt, dass es mehr Veranstaltungen wie diese geben müsse, die Mut zu Veränderungen machen. Floetenmeyer-Woltmann verwies daraufhin auf die kommende Woche: Am Donnerstag, 24. August 2023, ab 18 Uhr, wieder im Großen Saal der VHS Hannover, bieten Klimaschutzagentur und Stadt Hannover einen Infoabend zum Thema Heizungserneuerung an. Der Titel: Mein Klimacoach in Hannover – Zukunftsfähig heizen.

Der nächste HAZ-Klimatalk ist am 30. November 2023 geplant. Mehr Infos und Termine auf www.klimaschutz-hannover.de.

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