12.03.2024 Solarenergie, Bauen & Modernisieren
Nachbericht 4. HAZ-Klimatalk

Wärmeplan zeigt Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung auf

Wichtige Orientierungshilfe für Bürgerinnen und Bürger in Hannover / Stadt und enercity machen Energiewende vorstellbar

Wie wird wo in Hannover künftig geheizt? Antworten gab es im mit rund 250 Teilnehmenden voll belegten Saal der VHS Hannover, wo sich beim 4. Klimatalk am 22. Februar 2024 alles um das Thema Kommunale Wärmeplanung drehte. Denn die Landeshauptstadt Hannover hatte um den Jahreswechsel als erste Kommune in Niedersachsen eine Wärmeplanung vorgelegt und alle Interessierten in Hannover zur Beteiligung eingeladen. Bei der gemeinsamen Veranstaltungsreihe von HAZ und Klimaschutzagentur Region Hannover holte Moderator Jan Sedelies jetzt Planerinnen und Planer und Vertreterinnen und Vertreter der Energie- und Bauwirtschaft sowie des Handwerks zur Diskussion auf die Bühne.  

Zu Beginn erläuterten Anke Unverzagt von der Klimaschutzleitstelle der Landeshauptstadt sowie enercity-Vorstand Prof. Dr. Marc Hansmann den aktuellen Stand der Planungen. Wie kann die Umstellung auf eine klimafreundlichere Wärmeversorgung gelingen, wie ist der Fernwärmeausbau geplant? Wo werden in den kommenden Jahren Fernwärmenetze entstehen oder wo liegen Nahwärmeprüfgebiete? 

„Im Teamwork mit enercity haben wir intensiv gearbeitet und uns die unterschiedlichsten Zukunftsszenarien und Varianten kritisch angeschaut”, berichtete Unverzagt. Man habe umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt und daraus mögliche Wärmeversorgungsgebiete abgeleitet. Die Resonanz auf den Wärmeplan sei riesig. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten sich bereits auf www.hannover.de/waermeplanung-lhh informiert und ihre Wünsche eingebracht. Alle Anregungen würden geprüft und dann eine Drucksache erstellt, so Unverzagt. Diese werde anschließend in allen Stadtbezirken und den Ratsgremien beraten und vom Rat voraussichtlich im Laufe des Jahres beschlossen.  

Die Nähe zum Fernwärmenetz und die Dichte der Bebauung seien ausschlaggebend für die Definition der Versorgungsgebiete, sagte Hansmann. Wichtiger Faktor für die Akzeptanz sei die Bezahlbarkeit. Fernwärme dürfe nicht teurer sein als Gas. Die Umstellung der Energieversorgung, weg vom Gas, bringe Tiefbau- und Netzausbauarbeiten mit sich sowie eine Neuplanung der Heizung und Anpassungen in den Gebäuden. Das alles seien große Herausforderungen. „enercity hat aber die Expertise, um gemeinsam mit und für alle Kundinnen und Kunden die Wärmewende zu realisieren,” versicherte der enercity-Vorstand.  

Auch die Wohnungswirtschaft habe viel Erfahrung. Frank Eretge, Geschäftsführer bei Gundlach Bau und Immobilien sowie Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft in Hannover, begrüßte, dass es nun mehr Planungssicherheit gäbe. Er erinnerte daran, dass schon einmal eine Wärmewende gelungen sei, nämlich die Umstellung von Kohle auf Gas. Das Ziel, dass die Region bis 2035 klimaneutral wird, sei wohl nicht zu erreichen. „Wir sind aber auf dem Weg und gehen die Aufgabe mit hohem Tempo an,” betonte Eretge.  

Für das Handwerk sei die Fernwärme nichts Neues, sagte Kai-Uwe Henneberg von der Kreishandwerkerschaft Hannover. Seit den 70er Jahren arbeitete man in diesem Bereich mit enercity zusammen. „Unsere rund 1000 Betriebe stehen bereit. Es gibt einen Fachkräftemangel, aber wir bilden viel aus und stehen fürs Energiesparen,” so Henneberg. Sorge bereite ihm die stark gesunkene Nachfrage bei Wärmepumpen nach dem Boom im Vorjahreszeitraum. Deshalb seien jetzt die Informations- und Beratungsangebote der Klimaschutzagentur so wichtig wie nie.  

Wie eine klimafreundliche Wärmeversorgung ohne Fernwärme gelingen kann, stellte Hannah Metzner vom Ingenieurbüro GMW an einem konkreten Beispiel vor. Zwei gegenüberliegende Mehrfamilienhäuser der Genossenschaft Spar+Bau in Hannover-Vahrenwald, die bislang über Gas-Einzelthermen beheizt wurden, erhielten eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Die Innen- und Außeneinheit wurde so groß gewählt, dass nun beide Gebäude aus den 60er Jahren mit 18 Wohnungen über eine gemeinsame Anlage versorgt werden können. Kostenpunkt (ohne Fördermittel): rund 25.000 Euro pro Wohneinheit. Zuvor waren die Keller- und oberste Geschossdecke gedämmt und die Fenster ausgetauscht worden. Da die Umrüstung in bewohntem Zustand stattfand, sei eine gute Kommunikation mit den Bewohnerinnen und Bewohnern besonders wichtig gewesen. Die Modernisierung und Heizungsumstellung sind am Ende nach Förderung fast warmmietenneutral möglich gewesen. 

Matthias Wohlfahrt vom enercity-Fonds proKlima wies auf die sehr guten Fördermöglichkeiten besonders des Bundes für Umrüstungsmaßnahmen und die energetische Sanierung von selbst genutzten Gebäuden hin. Für den Einbau einer Wärmepumpe seien Zuschüsse von bis zu 70 Prozent möglich. Sein Rat: Die Gelegenheit jetzt nutzen, denn es sei fraglich, wie lange die Förderung so hoch bleibe.  

Auch Jens Clausen vom Borderstep Institut ermutigte alle Immobilienbesitzenden dazu, schnell loszulegen. „Das alles ist teuer, ja, aber zukunftsorientiert, denn die Zeiten billiger Energie sind vorbei. Wir müssen uns bis 2035 richtig anstrengen, technisch und sozial,” sagte Clausen. Ganz wichtig ist dem Experten, dass sich die Einsicht durchsetzt: Die Wärmepumpe lohnt sich auch bei wenig sanierten Gebäuden. 

Dem konnte die Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Region Hannover, Anja Floetenmeyer-Woltmann, nur zustimmen. Im Rahmen ihrer Beratungskampagne bietet die Klimaschutzagentur mit ihren Partnern regionsweit Ein- und Zweifamilienhausbesitzenden mehrmals wöchentlich in Online- und Vor-Ort-Vorträgen Basis- und Spezialwissen an. Es gibt Einzel- und Gruppenberatungen zu den Themen Heizungserneuerung, Solar und Dämmung. „Das uns nun frühzeitig dieser Wärmeplan als Orientierungshilfe für eine klimafreundliche Wärmeversorgung in der Landeshauptstadt vorliegt, ist großartig. Wir können stolz sein auf diese Stadt”, sagte Floetenmeyer-Woltmann. Mit der Wärmeplanung werde die Energiewende nun vorstellbar, denn „ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch“. Ihr Rat an alle: „Kaufen Sie sich nichts mehr mit Verbrennung, egal ob Auto oder Heizung.” 

Abschließend konnten sich alle interessierten Gäste noch bei einem „Markt der Möglichkeiten” Rat einholen. Expertinnen und Experten von proKlima, enercity, dem Borderstep Institut, der Firma Vaillant, vom Ingenieurbüro GMW sowie von der Klimaschutzagentur standen für individuelle Fragen und Wünsche zur Verfügung. 

Den Nachbericht der HAZ finden Sie hier.

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