Sanierungsfahrplan für Mehrfamilienhäuser gibt Sicherheit
Um das energetische Modernisieren von Mehrfamilienhäusern (MFH) ging es beim 3. Klimatalk von HAZ und der Klimaschutzagentur Region Hannover am 30. November im großen Saal der Volkshochschule Hannover. Als Experten für die Bühne hatte Moderator Jan Sedelies neben der Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur, Anja Floetenmeyer-Woltmann, dieses Mal Sebastian Nieder (eco contract GmbH) und Rainer Tepe vom enercity-Fonds proKlima gewonnen. Das Motto des Abends: Fit für die Zukunft mit Dämmen und Solaranlage.
"Für die Einhaltung der Klimaschutzziele und eine erfolgreiche Energiewende ist es eine dringliche Aufgabe, die Sanierung der Gebäude anzupacken,” betonte Anja Floetenmeyer-Woltmann gleich zu Beginn. Von den rund 580.000 Wohnungen in der Region Hannover seien 64 Prozent in den Jahren 1950 bis 1980 erbaut worden, da gäbe es hohen Sanierungsbedarf. Große, vielfältige Unterstützung gibt es dabei für Hausbesitzende und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) von der Klimaschutzagentur und ihren Partnern. Im Rahmen ihrer Beratungskampagne bieten sie regionsweit Ein- und Zweifamilienhausbesitzenden in Online- oder Vor-Ort-Vorträgen mehrmals wöchentlich Basis- oder Spezialwissen zu den Themenbereichen Dämmung, Solar oder Heizungserneuerung sowie Einzel- und Gruppenenergieberatungen. Ganz neu sind Informations- und Beratungsangebote zu Mehrfamilienhäusern. Sie richten sich an Ratsuchende aus der Stadt Hannover und finden statt im Auftrag der Landeshauptstadt Hannover im Zuge der Umsetzung des Klimaschutzprogramms "Hannover 2035" . Energietreffs in den Regionskommunen, individuelle Vor-Ort-Beratungen in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale sowie der Eignungscheck Wärmepumpe im Auftrag der Stadt Hannover sind weitere Angebote. Alle Infos und Termine gibt es auf www.klimaschutz-hannover.de.
Energieberater Sebastian Nieder hat bereits viele Sanierungsprojekte in der Region Hannover begleitet. Er empfiehlt, vorab möglichst viele Informationen einzuholen und dann einen Sanierungsfahrplan erstellen zu lassen, der vom Bund zu 80 Prozent bezuschusst wird. "So erhält man einen guten Überblick über Maßnahmen, Kosten und Einsparungen,” so Nieder. Auf www.energie-effizienz-experten.de sind Energieexpert:innen gelistet. Man sollte eine Auswahl treffen und gleich mehrere Angebote einholen. Der Schlüssel zum Erfolg sei dann ein gemeinsames, praktikables Vorgehen von Hausverwaltung (rechtliches Wissen) und Energieberater:in (technisches Know-how). Anhand von drei konkreten Modernisierungsbeispielen aus Herrenhausen, Burgdorf und Linden zeigte Nieder, dass in den meisten Fällen Schritt für Schritt modernisiert wird. Manchmal werden zwei oder drei Maßnahmen in einem Zug geplant. Für WEGs sei es wichtig, rechtzeitig die Instandhaltungsrücklage zu erhöhen, damit ein solides finanzielles Polster vorhanden sei. Zum Glück gäbe es derzeit attraktive Fördermittel und Zuschüsse auch bei Einzelmaßnahmen.
Für Gebäude im Fördergebiet von proKlima kommen noch die Förderangebote des enercity-Fonds hinzu. Rainer Tepe verwies auf die Grundvoraussetzung für einen Förderantrag: Dieser müsse vor Maßnahmenbeginn, also bevor ein Fachbetrieb beauftragt wird, gestellt werden. Die Anträge können im Internet heruntergeladen werden. Zwar sei für dieses Jahr bereits Antragsschluss (31.10.), doch das neue Jahr sei ja nicht mehr weit. Besonders nachgefragt in 2023 wurden Fördermittel für Solarenergie (PV), aber auch für neue Heizungen. Für Wärmedämmmaßnahmen wäre eine höhere Rate wünschenswert. Der Fördermittelkompass auf www.klimaschutz -hannover.de biete jederzeit eine aktuelle, kommunenscharfe Übersicht über Förderangebote für die unterschiedlichen Zielgruppen. “Jetzt ist ein sehr guter Zeitpunkt, die Immobilie fit für die Zukunft zu machen”, sagte Tepe. “Wer es qualitativ hochwertig angeht, profitiert die nächsten 50, 60 Jahre davon”.
Unter den rund 80 Teilnehmenden am Klimatalk war auch Wiebke Kraus, Fachgebietsleiterin Geschäftskundenvertrieb bei enercity. Sie berichtete von einer erfreulich hohen Nachfrage nach PV-Anlagen auf dem Dach. enercity biete auch Mieterstrommodelle an. Es sei zu prüfen, ob die technischen Voraussetzungen gegeben und die Fläche groß genug sei. Man arbeite mit Handwerksbetrieben zusammen, habe aber auch eigene Kapazitäten aufgebaut.
Auch Florian Schnipkoweit, einer der Gründer von Marcley in Hannover, macht Dachflächen von Mehrfamilienhäusern für die Solarenergiegewinnung nutzbar. Das junge Unternehmen, das nach eigenen Angaben bereits 300 Anfragen verzeichnen konnte, möchte so auch Mieter:innen und Eigentümer:innen von Wohnungen Chancen zur Nutzung von regenerativen Energien erschließen.
Besonders großes Interesse weckte Ronald Ellebrecht von der Firma Armacell beim Publikum: Er stellte zur energetischen Sanierung von Gebäuden einen neuen Dämmstoff aus PET-Flaschen vor, den sein Unternehmen entwickelt hat. Dabei werden die Plastikflaschen geschreddert, in Kügelchen umgewandelt und unter Hitze aufgeschäumt. Aus diesem Material werden dann Platten hergestellt, die in unterschiedlichen Stärken zur Wärmedämmung genutzt werden können. So entstehe aus einem Abfallprodukt etwas Sinnvolles.
Abschließend nutzen viele der Teilnehmenden den im Saal aufgebauten Markt der Möglichkeiten, um sich bei Hersteller:innen und Dienstleister:innen individuell zu informieren. Neben den erwähnten Unternehmen waren auch Viessmann (Wärmepumpen) und das Ingenieurbüro GMW vertreten.
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